Erster Tag, hier beginnen (danach zum Weiterlesen immer unten links auf "Neuerer Post" klicken):

Von Cuxhaven nach Otterndorf

Donnerstag, 16. August 2018

Von Kolín nach Pardubice

Am Nordufer hinter Kolín nimmt die Wegqualität wieder rasant ab. Spitze Steine, Staub und stellenweise einfach nur Wiese... da ist mir der Staub noch am liebsten.
Selbst die sonst so zuverlässige Beschilderung hat Lücken. Solidarische Radfahrer müssen daher zu anderen Mitteln greifen.

Auf der anschließenden Hauptstraße waren wir zwar schneller, aber dem Tod in Form eines mit 100 Sachen heranbrausenden LKWs nur um einen Meter zu entgehen, fühlt sich auch nicht gerade super an. Immerhin stehen schon Krankenwagen und Blutspendeautos bereit.

Und schließlich folgen noch ein paar steile, unbefestigte Wege im Wald.
Týnec nad Labem ist der Höhepunkt der blöden Wege, das Inzigkofen der Elbe. Wie die meisten Orte, die auf "-ec nad Labem", ist es nicht so richtig sehenswert. Immerhin gibt es eine Konditorei, eine Kirche und eine Burg, wenn auch eine etwas kleine...

Und wie in vielen Dörfern steht hier ein Denkmal für die gefallenen Weltkriegssoldaten.
Der Ortsnamenzusatz "nad Labem" bedeutet genau genommen eigentlich "über der Elbe". Das trifft in Týnec wortwörtlich zu.

Belohnt wurden wir danach mit dieser Felslandschaft nebst Wohnmobilen, Anglern und Gartenmöbeln. Es geht hier über die Grenze in den Pardubicer Bezirk.

Dann kommen bessere Wege: schnurgerade Landstraßen mit wenig Verkehr abseits der Elbe.

So gelangten wir nach Kladruby, wo das tschechische Nationalgestüt steht.

Hinter weißen Zäunen grasen weiße Pferde, die man nicht füttern darf. Reiter reiten auf ihnen herum und bereiten sich auf eines der weltweit härtesten Pferderennen in Pardubice vor, bei dem viele Pferde wegen der schwierigen Hindernisse ums Leben kommen. Die Tierschützer sind davon nicht sehr begeistert.

In Semín sollte laut Karte und Wegweiser ein Aquädukt stehen. Wer da jedoch prächtige römische Bögen erwartet, wird ähnlich enttäuscht sein wie beim Hotel zur Mühle in Riesa.
Der Kanal oben ist laut Hinweistafel aber immerhin 500 Jahre alt.

Irgendwie hatten wir teilweise das Gefühl, in einem mecklenburgischen Wald gelandet zu sein, fast hörten wir schon die Ostsee rauschen.
Dieser tschechische Wohnwagen namens Maringotka (hier eher Marinschrottka) erinnerte uns aber wieder daran, wo wir uns befanden.

Dann folgen zwei Seen. Der erste bei Břehy ist größtenteils eingezäunt, der einzige Badestrand an einem Campingplatz ist nicht öffentlich.
Man kann dafür etwas sehr Absonderliches beobachten, für das mein Kamerazoom leider nicht ausgereicht hat: Riesige Massen großer Fische springen halb aus dem Wasser, auf der Suche nach Sauerstoff.

Der zweite See ist deutlich offener und hat mehrere öffentliche Strände, wo man sich sehr rustikale Tretboote ausleihen kann.

Auf den letzten Kilometern überquerten wir die Elbe ständig hin und her - je schmaler sie wird, desto mehr Brücken gibt es.
Eine davon hat eine bescheuerte, fahrradfeindliche Bauampel. Bis man mit dem Rad drüben ist, hat sie schon umgeschaltet und es kommen einem Autos entgegen. Für Autofahrer ist die Brücke auch extrem schmal, sie müssen aufpassen, dass auch beide Seitenspiegel dranbleiben.
Was Radwege angeht, besteht im Landkreis Pardubice (nicht aber innerhalb der Stadt) Nachholbedarf!  Das können Nymburk und Poděbrady deutlich besser.

Unser nächstes Ziel ist Pardubice (alias Pardubitz) - meine Lieblingselbstadt, die sich auch als pernikové srdce České Republiky (das Lebkuchenherz Tschechiens) bezeichnet. Ich war dort schon einmal und habe die Stadt beschrieben, sodass ich den Text von damals jetzt aus Faulheit einfach mal hier reinkopiere.
Es gibt dort eine Menge Großstadtverkehr. In Pardubice fahren elektrische Busse, deshalb hängen über den Straßen Stromleitungen wie Spinnweben.

Abgesehen von solchen Kreuzungen ist Pardubice aber sehr schön anzusehen. Selbst die Wohnblöcke sind bunt. Deshalb heißen die Stadtteile auch nicht Nord- oder Weststadt, sondern Bilé oder Zelené Předměstí (Weiße oder Grüne Vorstadt).

Und das ist der Marktplatz mit Rathaus, Uhrenturm (links) und natürlich einer Pestsäule. Sehr hübsch, im Stil von Barock und Renaissance und größtenteils saniert. Abends schlugen wir uns auf dem Marktplatz den Bauch voll und betrachteten die bunten Fassaden, während es langsam dunkler wurde.

Pardubice ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks, deshalb befindet sich dort das Bezirksamt. Diese riesige Mühle der Bürokratie nimmt mehrere Gebäude in Anspruch, die gemeinsam einen kleineren Marktplatz umringen. Für andere Gebäude ist kaum noch Platz, nur für eine kleine Kirche.

Diese Bartholomäuskirche ist etwas größer und liegt am Rande der Altstadt, neben einer dieser großen Verkehrskreuzungen.

Direkt neben der Altstadt erhebt sich das Pardubicer Schloss. Umringt wird es von einem Park, einem Wassergraben und einer weißen Mauer.

Im Innenhof des Schlosses stolzieren Pfauen.

In Pardubice fließt der Fluss Chrudimka, der aus der Stadt Chrudim kommt. An seinem Ufer steht eine "automatische Mühle".

Kurz vor einem großen Stauwehr mündet die Chrudimka in die Elbe.

Pardubicer Lebkuchen (Pardubický Perník) sind das wichtigste Exportgut und ein weiterer Grund, diese Stadt zu mögen. Auf einer langen Tradition beruht das Backwerk allerdings nicht. Noch im 19. Jahrhundert stand Pardubický Perník sprichwörtlich für etwas Unwichtiges, Nichtexistentes oder für das Schlagen von Kindern (ich weiß auch nicht, warum). Später war es der Name einer humoristischen Zeitschrift und irgendwann machten dann ein paar trotzige Pardubicer tatsächlich erfolgreichen Lebkuchen. Am Bahnhof werden Lebkuchenherzen verkauft, wie man sie auch von deutschen Weihnachtsmärkten kennt, nur nicht in so vielen originellen Formen. Noch beliebter sind allerdings dicke, mit Marmelade gefüllte Dinger, und die sind am Bahnhof in diesen Spiralautomaten erhältlich, die in Deutschland nur uralte Schokoriegel ausspucken. Die dritte Art Pardubicer Lebkuchen sollten wir erst am nächsten Morgen kennenlernen.

Schwimmen kann man hier in einem Hallenbad und zwei Freibädern, wo ein Junge für 20 Kronen (80 Cent) auf die geparkten Räder aufpasst. Im Hallenbad hängt ein Globus von der Decke. Neben einem Becken wurde eine Kletterwand errichtet - wenn man den Halt verliert, stürzt man ins Wasser.

Das heimlich Highlight ist jedoch das Aquarium im Foyer, denn der blaue Fisch hat ein Gesicht, das mich entfernt an den tschechischen Präsidenten erinnert hat.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen