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Von Cuxhaven nach Otterndorf

Montag, 20. August 2018

Von Špindlerův Mlýn zur Elbquelle

Auf den Bergen hinter Špindlerův Mlýn strampeln Mountainbiker die Berge rauf und runter, der Weg direkt an der Elbe ist ihnen jedoch verboten. Tourenradler ohne Mountainbike legen das letzte Stück also als Wanderung zurück.

Dafür gibt es zwei verschiedene Wege.
Beim ersten geht es mit einem Vierer-Sessellift hinauf. Der Lift ist auch im Sommer in Dauerbetrieb und hat stets eine Warteschlange. Respekt - hier weiß man, wie man ein Skigebiet ganzjährig attraktiv macht.

Der Lift fährt bis zum Medvědín (Bärenberg). Neben der Station steht ein gigantischer Spielplatz. Der Berg wurde mit Holzbuchstaben zum Klettern beschriftet. Bären gibt es hier jedoch nicht, wie eine Infotafel ausführlich erklärt. Es ist praktisch unmöglich, dass sie aus dem Südosten Tschechiens hierhergelangen können.

Die Aussicht ist der Wahnsinn - allerdings nicht selbstverständlich. Unsere tschechische Tante war mit dabei und meinte, sie kenne das Gebiet nur im Nebel. Wir hatten Glück und konnten sogar die Sněžka (Schneekoppe) sehen, den höchsten Berg Tschechiens.

Von der Bergstation aus wanderten wir durch den Krkonoše-Nationalpark. Dort wachsen blauer Enzian und Nadelbäume, von denen viele beschädigt sind.

Hölzerne Wegweiser weisen zur Elbquelle, auf tschechisch Pramen Labe, oder zur Labská Bouda (Elbfallbaude).

Später geht es auf eine Straße. Von dort aus hatten wir freie Sicht auf das Tal und die Strecke, die wir gestern und heute zurückgelegt haben. Überrascht hat mich, dass ich sogar den Aussichtsturm Ještěd in Liberec erspähen konnte, den ich letztes Jahr besucht habe.
Und ja, es gibt dort tatsächlich Straßen, sogar bis hinauf zur Elbquelle. Man darf dort aber nur mit Sondergenehmigung fahren.

Am Weg stehen Steinhaufen mit Gedenktafeln verunglückter Sportler und ein kleiner Bunker.
Der Weg führt über den Bergkamm hinüber zu einem tiefen Tal namens Labksý Důl (Elbgrund).

Und was macht die Elbe eigentlich unterdessen? Sie fließt genau dieses Tal herunter, schlängelt sich zwischen Moos und Felsen hindurch. Dort führt der zweite Weg entlang. Er ist blau markiert.

Kurz hinter Špindlerův Mlýn verlässt uns die Bílá Labe (Weiße Elbe) und die Wassermenge halbiert sich noch einmal.

Dieser Wald ist die Heimat der seltenen Schnitzschnecken und anderer versteckter Holztiere.
Aus umgeknickten Bäumen durch Lawinen oder Stürme lässt sich durchaus schöne Kunst machen.

Typischerweise fährt man zum Medvědín hoch, wandert auf dem ersten Weg zur Hütte und zur Elbquelle und dann auf dem anderen Weg entlang der Elbe wieder runter.
Wir sind ja nun die ganze Zeit gegen den Strom gefahren, aber heute haben wir uns zur Abwechslung mal an die übliche Vorgehensweise gehalten.
Diese Wanderung soll insgesamt 14 Kilometer lang sein, fühlte sich aber länger an.

Weiter oben besteht die Strecke nicht mehr aus Asphaltstraßen, sondern steilen Steinwegen, die in ewig langen Serpentinen langsam aufwärts führen.

Wir kommen der Quelle immer näher! Diese Musik hier passt perfekt dazu (bis 2:11).

Auch für die Elbe wird es immer steiler. Am Ende stürzt sie einfach senkrecht runter. Wir befinden uns am Elbwasserfall (Labskí Vodopád).

Dorthin führt eine nicht sehr vertrauenerweckende hölzerne Konstruktion.

In der Nähe, auf dem Weg vom Medvědín, gibt es noch einen Wasserfall namens Pančavský Vodopád (Pantschefall). Dort stürzt der Nebenfluss Pančava über rechteckige Flesblöcke im Minecraft-Stil tief hinunter ins Tal.
Sorry Elbe, aber die Pančava hat es noch mehr drauf. Dieser Wasserfall ist wirklich unglaublich und in mancher Hinsicht sogar spektakulärer als der Rheinfall. Auf der Aussichtsplattform konnten wir nicht einmal das untere Ende sehen.

Beide Wege führen zur Labská Bouda (Elbfallbaude bzw. "Elbhütte"), einem Monstrum aus Stahlbeton, das man ans obere Ende des Taleinschnitts geklatscht hat. Die Betonmauer hat ein Zickzackmuster, sodass die Besucher aus jedem Zimmer den Blick ins Tal genießen können - ziemlich clever. Schade, dass das Ding von außen nicht so schön aussieht.
Die Hütte hat eine lange Geschichte, die damit begann, dass eine Frau dort Ziegenkäse und Schnaps verkaufte.
Man kann sich dort heutzutage mit Würstchen, Schnitzel und Suppe stärken. Ja, das war wirklich schon die ganze Speisekarte.

Tja, und dort waren wir dann nur noch einen Kiesweg-Kilometer von der Elbquelle entfernt. Sie liegt auf einer hohen Wiese, die mit grünen Tupfern versehen ist: dunkelgrünen Nadelsträuchern und neongrünen Flechten auf Steinen. Links und rechts befinden sich zwei Berge namens Hohes Rad (Wielki Szyszak/Vysoké Kolo) und Kesselkoppe (Kotel).
Kleine Bäche fließen plätschernd zur Elbe hin. Doch dann hörten wir plötzlich nicht einmal mehr das Plätschern der Elbe selbst. Da wir den Weg nicht verlassen durften, konnten wir uns nicht überzeugen, ob mit ihr alles okay ist.

Und an einer Wegkreuzung stießen wir schließlich auf den offiziellen Anfang der Elbe in 1380 Meter Höhe.
Die polnische Grenze auf dem Bergkamm ist nur 400 Meter entfernt. Auch die Grenze vom Königgrätzer zum Liberecer (Reichenberger) Kreis ist direkt nebenan, einige Elbrinnsale entspringen schon im Liberecer Gebiet.

Diese 28 Mosaike zeigen angeblich die Wappen aller Elbstädte, tatsächlich fehlen aber einige. Der Fokus liegt auf tschechischen und grenznahen sächsischen Städten, danach nimmt man es bis nach Otterndorf und Cuxhafen nicht mehr so genau und lässt unter anderem Tangermünde und Havelberg weg. Die Nebenflüsse sind auch in der Darstellung enthalten, die Mulde befindet sich aber an der falschen Stelle.

Unmittelbar vor der Quelle sah das Flussbett so aus: leer. Die unteren Steine sind noch feucht, doch es fließt nichts.
Vorgestern musste ich durch die Elbe schwimmen, gestern waten und heute konnte ich mit einem Schritt hinüberschreiten.

Die Elbquelle selbst ist ein Steinring, in dem sich verschiedene Rinnsale sammeln, die von der Elbwiese alias Labská Louka dahinter (die man nicht betreten darf) kommen. Und eben diese Rinnsale waren aufgrund der großen Trockenheit vorübergehend versiegt. Im Ring selbst stand noch etwas Wasser mit Münzen drin. Ob das nun Elb- oder Regenwasser ist oder ob jemand am Ende mit dem Gartenschlauch etwas für die Touristen reingefüllt hat, wissen wir nicht.

Und eigentlich ist es auch egal und ändert nichts am Triumphgefühl, endlich den ganzen Fluss geschafft zu haben. Hurra! Neben der Euphorie verspürten wir aber auch eine gewisse Leere, die sich am besten mit Plänen für die Fortsetzung der Rheinradtour füllen lässt. Auf dass bald der nächste Fluss folgen möge!

Samstag, 18. August 2018

Von Vrchlabí nach Špindlerův Mlýn

Nun fließt die Elbe durch ein enges Tal mit einer Hauptstraße drin. Sie strudelt zwischen Felsen und stürzt kleine Wasserfallstufen hinab. Schade, dass es im Wald daneben keinen Rad- oder Wanderweg gibt, dann könnte man regelmäßig eine Wildwasser-Badepause einlegen.
Man kann auf dem Seitenstreifen neben der Straße radeln, der Verkehr ist gar nicht so stark und die Steigung hält sich durchaus in Grenzen. Nur sind die Autos eben sehr schnell. Deshalb war ich der einzige, der diese letzten 14 Kilometer noch fahren wollte. Ich bin sie dann abends nach der Wanderung zur Quelle runtergesaust, das war besonders angenehm.

Schließlich wird die Elbe noch ein letztes Mal gestaut. Hinter der gigantischen Mauer liegt ein theoretisch großer Stausee, der durch die Dürre gerade extrem eingetrocknet war.

Die Straße führt nach Špindlerův Mlýn (Spindlermühle). Dort führen Holzbrücken über die Elbe zu Holzhäusern mit Hotels und Restaurants. Die Stadt liegt relativ hoch oben und hat nicht einmal eine Bahnanbindung. Nur von Juni bis September fährt ein Bus.

Doch Špindl (Kurzform des Namens) hat das Beste daraus gemacht und bietet Skipisten, eine Sommerrodelbahn, ein Erlebnisbad, einen Kletterwald und viele moderne Hotels (aber seltsamerweise nur einen Supermarkt). Dieses Tourismuszentrum zieht ganzjährig auch und gerade viele Deutsche an - nicht einmal in Grenznähe bei Děčín habe ich so viele deutsche Schilder gesehen.

Der Ort ist mittlerweile so beliebt und teilweise überlaufen, dass die Preise ganz schön hochgeschossen sind.
Natürlich zieht auch die Elbquelle selbst viele Urlauber an.
Denn in Špindlerův Mlýn beginnt oder endet der Elberadweg.


Freitag, 17. August 2018

Von Kuks nach Vrchlabí

Die Elbe ist nun schon abschnittsweise ein flacher wilder Felsfluss mit Stromschnellen (außer vor Stauwehren). Gestern musste ich noch ans andere Ufer schwimmen, heute konnte ich hinüberwaten. Das Wasser reicht maximal bis zum Knie.

In Dvůr Králové (Königinhof) gibt es einen Safarizoo, in dem die Besucher mit Autos herumgefahren werden. Dort leben die meisten afrikanischen Tiere in einem europäischen Zoo.

Ein Wenzelkönig ernannte die Stadt einst zum Sitz seiner Königin.
In dieser Stadt endet dann die, wie ich sie nenne, Královská Cyklostezka (Königlicher Radweg), die in Hradec Králové beginnt. Ab jetzt sind die Radwege blöd.

Nun geht es auf hügeligen Landstraßen von Dorf zu Dorf, in Richtung der noch größeren Hügel in der Ferne.

Im Dorf Bilá Třemešná versteckte sich Jan Amos Comenius, ein Philosoph und Bischof der Böhmischen Brüder, vor den Katholiken, die ihn verfolgten, in einer Jagdhütte. Daran erinnert eine Gedenkstätte hinter Zäunen, zu der man laut Schild einen Führer herbeitelefonieren kann.

Wir überquerten die prächtige, riesige Talsperre Les Království (Königswald).

Nun wird es richtig bergig - und richtig ätzend. Die Steigungen sind gar nicht mal so richtig schlimm, dafür aber die LKWs und Reisebusse, die vorbeibrettern und in der Kurve überholen. Rücksichtsvoll waren nur die Autos, die Fahrräder auf dem Dach hatten.

Es folgen ebenso steile Schotterwege, auf denen meine Kette absprang, sowie eine dicke Kreuzung.
Nächster Halt: Hostinné. Dieser Ort ist bekannt für sein Franziskanerkloster.

Wir befinden uns an der Schwelle zum Riesengebirge. Deshalb stehen dort Riesen am Rathaus.

Ein Radweg führt durch einen schattigen Park mit Teichen aus Hostinné raus.

Doch bald geht es wieder auf die Straße. Für kleine Kinder ist die Strecke völlig ungeeignet - gut, dass unseres heute Bahn fährt.
Die erste Bergkette endet schon vor Hostinné, das enge Tal wird wieder breit und die restliche Strecke ist überraschenderweise eher flach und ganz okay. Wir fuhren durch langgezogene Dörfer mit lustigen Minikirchen, die gerade renoviert werden.

Auf der Elbe wächst unterdessen ein Mangrovendschungel.

Als letztes übernachten wir in Vrchlabí (Hohenelbe), und zwar gleich zwei Nächte. Am Ortseingang stießen wir auf ein riesiges Werk des Autoherstellers Škoda (das bedeutet "schade") denn Vrchlabí ist einer der wenigen Orte im Riesengebirge, der nicht nur vom Tourismus, sondern auch von der Industrie lebt.

Hier gibt es fast schon alpine Holzhäuser und viele Baustellen. Die Leute wollen ihre Stadt schön und touristenfreundlich machen, sind damit aber noch nicht überall fertig.

Auch befinden wir uns in einem Wintersportgebiet: Unsere Räder stellen wir heute Nacht in den "Ski Room" des Hotels und über die Hauptstraße führt eine Gondelbahn.

Zum Abendessen gibt es Brotsuppe (im Brot) und Biergulasch im Restaurace Medvěd (zum Bären), dem besten Restaurant dieser Tour.

Vrchlabí wird auch Tor zum Riesengebirge genannt, dem höchsten Gebirge Tschechiens. Auf tschechisch heißt es Krkonoše, denn darin lebt angeblich ein Riese namens Krakonoš (Rübezahl), der es vor Wilderern schützt.
Und morgen dringen wir in sein Gebiet ein.

Von Pardubice nach Kuks

Die Elbe knickt hinter Pardubice nach Norden ab, und ebenso die Hauptstraße, auf der wir gefahren sind - ja, Hauptstraße. Lassen Sie sich von diesem Bild nicht irreführen, das Stück Radweg da drauf ist nur ganz kurz.

Abgesehen von diesem trügerischen Wegstückchen gibt es ausgerechnet zwischen den beiden großen Elbstädten Pardubice und Hradec Králové keinen Radweg, echt gar keinen. 17 Kilometer Hauptstraße. Das wirft kein gutes Licht auf die Städte (vor allem Pardubice, denn der Großteil der Strecke liegt in deren Landkreis). Vielleicht liegt es daran, dass die Städte ziemliche Konkurrenten sind und keiner etwas bauen will, dass auch der anderen Stadt nützt.
Zu Beginn der Hauptstraße gibt es immerhin etwas zu sehen: Die Burg von Kunetická Hora hoch oben auf dem Berg...

...und das Pfefferkuchenhaus (Perníková Chaloupka). Es besteht allerdings nicht aus Pfefferkuchen. Früher war es das Schlösschen eines Adligen, im Sozialismus wurde daraus eine Handwerksschule und sogar ein Irrenhaus.

Heute gibt es dort eine Märchenführung. Erwachsenen wird im Schnelldurchlauf die Geschichte des Hauses und die der Pardubicer Lebkuchen erklärt, Kindern eine nervige Neuinterpretaion des Märchens (Hänsel und Gretel alias Jeníček a Mařenka waren böse, weil sie geklaut haben, blabla). DabeiredetdieFührerinmanchmalsehrschnell und dann, was macht sie, ja was macht sie? SIE ÜBERTREIBT! Und womit übertreibt sie? Na? Mit den RHETORISCHEN FRAGEN, mit der Betonung, mit der LAUTSTÄRKE!
Hier kann man seine Fingerdicke testen, danach durfte man eigentlich keine Fotos mehr machen.

Wir begegneten auch einer coolen bärtigen Hexe, welche die Lebkuchenherstellung erklärte. Natürlich kann man auch welche kaufen. Die meisten Lebkuchen sind aber zu hart zum Essen und dienen eher als Dekoration.
Für die Kinder bietet er (ähm, sie natürlich) einen spannenden Kampf mit seinem störrischen fliegenden Besen aus dem Schrank.

Die Ausstellung wurde wirklich mit sehr einfachen Mitteln aufgebaut. Das hier ist zum Beispiel das Feuer der zwölf Monate. Der Hexenwald im Inneren des Hauses besteht einfach aus militärischen Planen in Tarnfarben bei gedimmter Beleuchtung.
Aber solange es die Kinder unterhält...

Auf der Hauptstraße geht es weiter nach Hradec Králové (Königgrätz). An der Stadtgrenze beginnen direkt wieder gute Radwege.
Hier mündet die Orlice in die Elbe, die aus dem Adlergebirge weiter östlich herbeifließt. Auch diesen Fluss kenne ich schon etwas, weshalb ich eine Zusammenfassung der Orlice geschrieben habe.

Hradec ist nicht ganz so überzeugend wie Pardubice. Auch hier hängt über den Straßen ein Spinnennetz aus Oberleitungen für die elektrischen Busse. Stellenweise ist die Stadt etwas trist und grau.

Am Marktplatz gibt es zwar auch prächtige Gebäude wie die gotische Kirche oder den Weißen Turm, aber dafür ist der Platz völlig zugeparkt.
Für die Leser aus Niedersachsen folgender Vergleich: Hradec ist das Hildesheim Tschechiens.

Das Hradecer Hallenbad besteht aus extrem vielen weißen Fliesen und hat die älteste Wellenmaschine Tschechiens aus dem Jahr 1933.

Die Elbe durchquert die Stadt in einem Gewand aus grauen Steinmauern und vielen Brücken. Rustikale Raddampfer bieten Ausflugsfahrten an. Hinter dem Zusammenfluss mit der Orlice ist die Elbe noch nicht wirklich schmaler. Sie wird nämlich von einem Stauwehr gestaut.

Doch kaum ist man aus der Stadt heraus, hört dieser verfälschende Effekt auf. Die Elbe ist plötzlich kaum breiter als eine Landstraße und überhaupt nicht mehr schiffbar. Das bedeutet: Ich konnte endlich gefahrlos ans andere Ufer schwimmen! Unter dem trüben Matschwasser verbergen sich große spitze Steine, die das Ufer befestigen.
Uns überkam auf einmal ein merkwürdiges Endzeit-Gefühl. Die plötzliche Verschmälerung der Elbe machte uns klar, dass unsere Radtour nach 10 Jahren nun bald tatsächlich ein Ende finden würde.

In der Nähe fand 1866 die Schlacht von Königgrätz statt, bei der Preußen Österreich besiegte, was Teil von Bismarcks Masterplan zur Gründung des deutschen Kaierreichs war. Im Dorf Chlum gibt es dazu ein modernes Museum, aber für den Umweg hatten wir leider keine Zeit.

Auf einem schönen Radweg geht es bis in eine Doppelstadt. Am linken Ufer liegt Jaroměř. Diese Stadt besteht aus einem Baustellen-Slalom, einer erstaunlich fetten Kirche...

...und erstaunlich vielen Arkarden.

Was am rechten Ufer liegt, ist jedoch weitaus interessanter. Der österreichische Kaiser Josef ließ hier eine Festungsstadt namens Josefov errichten, um dort ganz viele Soldaten aufzubewahren, damit die im Falle eines preußischen Amgriffs gleich in Grenznähe waren.
Rund um die Stadt zieht sich ein Erdwall mit Steinmauern. Mittlerweile gibt es darin aber genug Lücken für drei große Hauptstraßen.

Unter der Erde befindet sich ein Netz aus Gängen und Kellern. Es war allerdings schon zu spät, um das zu besichtigen.
Die Festung war übrigens letztlich bei keinem Krieg von echter Bedeutung, selbst die Schlacht von Königgrätz war wohl schon zu weit weg.

Heute sehen die Häuser recht schäbig aus und Josefov ist ein sozialer Brennpunkt. Es herrscht eine beklemmende Atmosphäre, die mich an Prora auf Rügen erinnert hat.

Hier münden die Metuje und die Úpa in die Elbe, die danach natürlich noch schmaler wird. Die Úpa kommt vom höchsten Berg Tschiens, die Metuje aus der faszinierenden Felsenstadt, den Adersbacher Felsen.
Auf dem Radweg stehen in regelmäßigen Abständen seltsame gelbe Halbschranken.

Über den Himmel zog ein gigantischer Schwarm Stare. Dann ließen sich die Vögel auf mehreren Bäumen eines Privatgrundstücks nieder, besetzten jeden freien Zweig und zwitscherten lautstark. Ich starrte sie fasziniert an, bis der Grundstückseigentümer herauskam und mich misstrauisch anstarrte.

An einem Krematorium vorbei...

...erreichten wir dann endlich Kuks. Dieses Dörfchen hebt sich deutlich vom grauen tschechischen Einheitsbrei ab, denn die Roubenka genannten schwarzweißen Holzhäuser aus dicken Balken (wie aus dem Holzbaukasten) sind allesamt in Top-Zustand.

Hoch über der Stadt erhebt sich dieses prächtige gelbweiße... nein, diesmal ist es kein Schloss, sondern ein Hospital. Graf Franz Anton von Špork hat es im Barock gegründet, damit man ihn irgendwie positiv in Erinnerung behält. Da er in einem Blog des 21. Jahrhunderts in dem Zusammenhang erwähnt wird, scheint das teilweise geklappt zu haben.

Im Hospital pflegten Mönche vom Orden der Barmherzigen Brüder Kranke und Kriegsveteranen. Der lokale Chef des Ordens lebte vorher in Grenada ein ausschweifendes Leben in Völlerei, landete dann schwerkrank in einem sehr schlechten Krankenhaus und beschloss danach, alles zu tun, damit andere das nicht erleiden mussten.
Ins Hospital gelangt man, wie so oft in Tschechien, nur mit Führung. Höhepunkt des Rundgangs ist ein Konzert zweier "Mönche" von einer Musikgruppe namens Soli Deo. Sie spielen unter anderem auf einem Gamshorn, einem Schafbockhorn und einem Dudelsack. Das klingt erstaunlich gut.

Der Turbo-Künstler Matthias Braun hat in Kuks innerhalb von nur zwei Jahren extrem viele Statuen gemeißelt. Die stehen heute im ehemaligen Operationssaal. Für die Kopien draußen am Haupteingang brauchten andere Künstler sieben Jahre.

Dreizehn Statuen zeigen Tugenden (die Beständigkeit lehnt sich an eine stabile Säule, die Gerechtigkeit mit Augenbinde) und zwölf zeigen Laster (die Eitelkeit mit Spiegel, der Geiz mit Geldbeutel). Eine dreizehnte negative Statue, die den Betrug darstellen sollte, ist mysteriöserweise nicht aufgetaucht. Es gibt auch keine Beweise dafür, dass sie je existiert hat - fest steht nur, dass der Künstler damals das Geld dafür kassiert hat. 

Im Hospital befindet sich auch die zweitälteste barocke Apotheke. Sie ist extrem prächtig gestaltet und manches hat eine versteckte Bedeutung. Schwarze Waagschalen und Gefäße sind zum Beispiel nur für Gifte.
Die Menschen mussten hier früher je nach Vermögenslage mit Geld, Eiern oder (bei ganz armen Landstreichern) selbstgesammelten Kräutern bezahlen.