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Von Cuxhaven nach Otterndorf

Donnerstag, 27. Dezember 2018

Vltava (Moldau)

Die Moldau heißt eigentlich Vltava. Eigentlich ist es seltsam, dass der Fluss auf Deutsch einen anderen Namen hat, schließlich stammt der Original-Name aus dem mittelalterlichen Deutsch: Vilt bedeutet wild und ahwa bedeutet aqua/Wasser.
Dieses Wildwasser ist nicht nur der größte, sondern vor allem der am besten vertonte Fluss Tschechiens. Deshalb hat sie auf jeden Fall einen längeren Eintrag verdient. Ich kenne zwar nicht die komplette Moldau, aber durchaus einige Abschnitte des Flusslaufs. Irgendwann würde ich auch gern mal den ganzen Moldauradweg fahren (obwohl er furchtbar bergig und kaum flussradwegig sein soll). Bis dahin müssen Sie sich mit dieser Zusammenfassung begnügen.

In der Komposition von Bedřich Smetana kann man den Fluss wirklich hören. Zur Unterstützung empfehle ich, das Musikstück während der Lektüre dieses Blogeintrags zu hören.

Im Böhmerwald, im tiefsten Südwesten Tschechiens entspringen zwei Flöten, ähm, ich meine, zwei Quellen: Die Warme und die Kalte Moldau. Die fließen zusammen.

Dann wird die Moldau ganz oft gestaut. Der erste Stausee ist auch gleich der größte: Der Lipno-Stausee an der gleichnamigen Ortschaft. Ich war noch nicht da, aber der Stausee soll das sein, was in Tschechien einem Meer am nächsten kommt - mit richtiger Südseeatmosphäre und vielen Badegästen.

Es folgt der Ort Vyšší Brod (Hohenfurt).
Hier scharen sich Kneipen und Kanuverleihe am Ufer - der Ausgangspunkt für ein großes Abenteuer. Deshalb wird dieser Abschnitt wird von vielen Padddeltouristen frequentiert, die ihr Hab und Gut in einer wasserfeste Tonne packen und von einem Campingplatz zum nächsten paddeln. Selbst eine schwimmende Bar gibt es, die nur per Paddelboot zu erreichen ist.
Einer dieser Paddelnerds war zufällig ein gewisser norddeutscher Pastor, der mich mit 11 Jahren erstmals zu einer seiner Gruppenreisen einlud, und so konnte ich die Moldau zweimal ganz intensiv erleben.

Ab Hohenfurt ist die Moldau wieder schmaler, flacher, wilder und abenteuerlicher. Während die Radler außenrum über die steilen Berge kriechen, bekommen die Paddler das voll mit.
Damit man auch mal ans Ufer kann, haben die Leute mit Steinmauern und Steintürmchen sichere Häfen ohne Strömung gebaut.

Die erste Paddeletappe führt bis zum Zeltplatz Rozmberk.

In der Stadt sind echte Mönche unterwegs. Darüber ragt eine Böhmische Burg der Kategorie 1 auf.

Die Moldau hat wirklich viele Stauwehre. Zum Glück muss man sein Kanu nicht (außer an einer einzigen Stelle) daran vorbeitragen. Stattdessen kann man eine abenteuerliche Floßgasse herunterrutschen. Floßgassen sind das Spannendste am Moldaupaddeln und das, woran ich bei den dramatischen Abschnitten von Smetanas Moldaumusik immer denken muss.

Manche Floßgassen sind leicht bewässerte Rutschen aus Holz, andere sind kurze, steile Wasserfälle und wieder andere sind lang und langsam.

Wenn man sich ungeschickt anstellt, kentert man am Ende der Gasse. Auf meiner ersten Moldaufahrt kenterte ich gar nicht, auf der zweiten zweimal. Womit ich nicht sagen will, dass meine Beifahrerin schuld war. Ich lasse das nur mal so stehen. Zum Glück fischte der Pastor unser Gepäck rechtzeitig heraus. Eine Sandale ging trotzdem verloren, und weil die Tonne nicht richtig zu war, wurde alles nass bis auf meine Badehose ganz unten im Rucksack.
Teile der Moldau sind von Industrieruinen umgeben...

...und andere Teile von bezaubernder Natur.

Noch bezaubernder ist allerdings die erste große Stadt an der Moldau: Český Krumlov. Dieses Bonsai-Prag ist wahrscheinlich die schönste Stadt Tschechiens, viel entspannter und sauberer als die Hauptstadt und dennoch sehr belebt.

Hoch über der Stadt ragen eine rosa Kirche und die Burg auf. Ein Teil der Burg wird von einer beeindruckenden Ansammlung übereinandergestapelter Bögen gestützt.

Außerdem ist die Burg ist nach Prag die zweitgrößte Tschechiens.
Okay, viele der Dekorationen auf den Häusern und Innenhöfen sind nur aufgemalt, aber schön ist es trotzdem.
Also: Fahrt nach Český Krumlov!


Auch in der Stadt gibt es Floßgassen, insgesamt vier. Die längste davon liegt  am Fuße der Burg unmittelbar vor einer Flussbiegung. Früher war sie sehr gefährlich, mittlerweile hat man aber unter Wasser grüne bremsende Plastik-Stoppel angebracht, die wie Wasserpflanzen aussehen.

Hinter Český Krumlov kann man an einem Seil über die Moldau sausen. Wenn gerade kein Mensch sausen will, hängt am Seil eine merkwürdige Puppe, die wie ein Leichnam aussieht.

Woanders kann bei Bedarf an solchen Wäscheleinen ein Parcours zum Durchpaddeln herabgelassen werden.

Wo viele Paddelboote kentern, fallen natürlich auch viele Dinge in den Fluss und werden schnell weggespült, bevor man sie schnappt: Sandalen, Trinkflaschen, Flyer und laminierte Landkarten, im schlimmsten Fall auch ein Handy oder eine Kamera.
Auf diese Weise entstand in einer Flussbiegung zum Beispiel ein großer Strand voller angespülter PET-Flaschen.

Da ist dieser Felsen doch wesentlich schöner.

Und diese Natur erst!
In der Nähe liegt die Burgruine von Divčí Kámen (Maidenstein), ein Campingplatz mit Plumpsklos und eine gottverlassene Dorfkneipe oben auf dem Berg, die wir gemeinsam komplett leergefuttert haben.

Als nächstes folgt das verschlafene Zlatá Koruna (Goldene Krone) mit seinem großen Kloster.

Kurz vor dem Paddelziel gibt es doch noch ein Wehr, wo man das Boot drumherum tragen soll. Eigentlich. Der findige Pastor ließ unsere Boote aber lieber ganz langsam halb runterrutschen, halb über eine Betonkante schieben, um Zeit und Kraft zu sparen. Diese Abkürzung war vermutlich nicht direkt erlaubt.
Die Paddelstrecke endet in Boršov. Dieser Ort besteht aus ein paar weiteren Industrieanlagen und edlen Villen.

Boršov ist auch schon ein Vorort von České Budějovice alias Budweis (hier ein Symbolbild).

Doch die größte Stadt an der Moldau ist natürlich Prag, klar. Der Fluss windet sich durch die Metropole, und so weit das Auge reicht, ragen historische Gebäude und auch Wolkenkratzer auf.

Hier ist die Moldau schon extrem breit, was die Prager natürlich nicht daran gehindert hat, eine Brücke neben der anderen über den Fluss zu bauen. Die meisten sind dick und voller Straßenverkehr, ausgenommen die Karlsbrücke. Die ist dünn und voller Künstler, Statuen und Touristen.

In Smetanas Musikstück kommen auch noch irgendwo Nymphen vor, aber die habe ich vor Ort leider nicht entdeckt.

Dann schlängelt sich die breite Moldau weiter, schüttelt die letzten Vororte von Prag ab und führt noch durch ein breites, bewaldetes Tal.
Wenn man von Prag mit der Bahn in Richtung Berlin fährt, kann man dieses Tal aus dem Zugfenster stundenlang bewundern: Erst geht es an der Moldau, dann an der Elbe entlang.

Bei Mělník mündet die Moldau in die Elbe. Hier ist das Musikstück ist zusammen mit dem Fluss zu Ende - offiziell zumindest. Das Wasser fließt weiter nach Dresden, Magdeburg und Hamburg.

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